Bundesverfassungsgericht bestätigt Sozialstunden für Caro & Franzi im Container-Verfahren wegen Lebensmitteldiebstahl
Entscheidung im Container-Verfahren (2 BvR 1985/19)
Bundesverfassungsgericht bestätigt
Sozialstunden für Caro & Franzi im Container-Verfahren wegen Lebensmitteldiebstahl
(„Olchis Containern“)
[München/Leipzig/Karlsruhe/Berlin – 18.08.2020]
Wie das Bundesverfassungsgericht am heutigen Dienstag in Karlsruhe mitteilte, bleibt der Schuldausspruch gegen Caro & Franzi wegen Diebstahls, an durch einen Supermarkt entsorgte Lebensmittel, aufrecht erhalten. Die beiden damaligen Studentinnen wurden vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck wegen der Wegnahme weggeworfener Lebensmittel aus einem verschlossenen Supermarktcontainer in Olching in einem öffentlichkeitswirksamen Verfahren zur Ableistung von jeweils 8 Sozialstunden verurteilt. Die Staatsanwaltschaft München II hatte zuvor Anklage wegen eines besonders schweren Fall des Diebstahls erhoben.
Der Fall erreichte eine größere Öffentlichkeit durch eine durch die Angeklagten initiierte Unterschriften-Kampagne an der sich – Stand heute – über 160.000 Menschen in Deutschland beteiligten und die Entkriminalisierung des Containers und ein Wegwerfverbot genießbarer Lebensmittel für den Einzelhandel fordern (https://weact.campact.de/petitions/containern-ist-kein-verbrechen-1). Die beiden jungen Frauen nutzten die Öffentlichkeit, die ihnen durch den Strafvorwurf zuteil wurde um auf Probleme der Verteilungsgerechtigkeit, dem klimaschonenden Umgang mit Ressourcen und der rigiden Strafverfolgung bei Bagatelldelikten aufmerksam zu machen.
Das Bundesverfassungsgericht stellt soweit fest, „Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Das Bundesverfassungsgericht kann diese Entscheidung nicht darauf prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Es wacht lediglich darüber, dass die Strafvorschrift materiell in Einklang mit der Verfassung steht. Der Gesetzgeber, der bisher Initiativen zur Entkriminalisierung des Containerns nicht aufgegriffen hat, ist insofern frei, das zivilrechtliche Eigentum auch in Fällen der wirtschaftlichen Wertlosigkeit der Sache mit Mitteln des Strafrechts zu schützen. Im vorliegenden Fall dient die Strafbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführerinnen dem Schutz des Eigentumsgrundrechts nach Art. 14 Abs. 1 GG als Rechtsgut von Verfassungsrang“.
„Unsere Mandantinnen sind bis heute der Überzeug nicht unmoralisch gehandelt haben. Wir sind mit unserem Versuch gescheitert, wirklich notwendige Veränderung, insbesondere mit einer Wertung für nachhaltigen Ressourcenschutz über die Auslegung alter Gesetzte herbeizuführen, die das abstrakte zivilrechtliche Eigentum immer noch ohne echte Sozialbindung den vorderen Rang einräumen“, kommentiert Max Malkus, Rechtsanwalt einer der Verurteilten die Entscheidung.
„Die Entscheidung macht deutlich, dass wir die richtigen Fragen gestellt haben, aber es die Aufgabe des gewählten Gesetzgebers ist, die aus der Gesellschaft geforderten Veränderungen umzusetzen. Ich bin stolz, dass Caro und Franzi, die den Mut und den persönlichen Einsatz bewiesen haben, ihren Fall öffentlich zu machen und damit auf das Problem der unvorstellbar großen Lebensmittelverschwendung auch in Deutschland aufmerksam zu machen“, so Rechtsanwalt Malkus weiter.
Abfallvermeidung und der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung werden als mit die effektivste Methode gegen die Klimaverwerfungen der Zukunft bezeichnet. Trotz des gemeinsamen Ziels der EU- Staaten die Vernichtung genießbarer Lebensmittel um 50% zu reduzieren, sind in Deutschland gesetzgeberische Initiativen, anders als in den Nachbarstaaten Tschechien, Frankreich und Österreich bisher ausgeblieben. Rechtsanwalt Malkus: „Ich hoffe, dass die vielen Heldinnen des Alltags, die durch das Containern einen kleinen, aber sehr wichtigen Beitrag in der Klimadiskussion für uns alle leisten, nicht von der Politik hängen gelassen werden, und jetzt endlich solide Vorschläge auf den Tisch kommen, wie wir den Unsinn – 21 Mio. Tonnen genießbare Lebensmittel einfach in die Tonne zu werfen, Einhalt gebieten und eine überdimensionierte Strafverfolgung im Bagatell-Bereich vermeiden können.“
Pressemitteilung
Rechtsanwalt Max Malkus
www.malkus.lawyer
18-08-2020
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