Im Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 8. Juni 2018 (Az.: V ZR 125/17) wurden entscheidende Fragen zur Haftung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) geklärt. Das Urteil befasst sich insbesondere mit der Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft oder der Verwalter für Pflichtverletzungen haftet, wenn Beschlüsse nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden.
Der Fall: Unvollständige Sanierungsarbeiten und entgangene Miete
Die Klägerin, eine Wohnungseigentümerin, hatte in der Vergangenheit Probleme mit Feuchtigkeit in ihrer Erdgeschosswohnung. Auf der Grundlage von Eigentümerbeschlüssen wurden Sanierungsarbeiten im gemeinschaftlichen Eigentum durchgeführt, um die Feuchtigkeitsprobleme zu beheben. Doch selbst nach Abschluss der Arbeiten blieben die Probleme bestehen. Zusätzlich verursachte ein Brand weitere Schäden am Sondereigentum der Klägerin.
Als die Klägerin weiterhin Feuchtigkeit in ihrer Wohnung feststellte und die Mieteinnahmen ausblieben, erhob sie Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie forderte Schadensersatz in Höhe von 5.887,90 € für entgangene Miete sowie für die Kosten eines Privatgutachtens, das die bestehenden Mängel dokumentierte.
Entscheidung des BGH: Verantwortlichkeit des Verwalters, nicht der Gemeinschaft
Der BGH stellte klar, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst nicht für die unzureichende Durchführung der Sanierungsmaßnahmen haftbar gemacht werden kann. Verantwortlich für die ordnungsgemäße Umsetzung von Beschlüssen ist der Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Die Pflicht des Verwalters umfasst nicht nur die Durchführung der beschlossenen Maßnahmen, sondern auch deren Kontrolle und Nachbesserung, falls Mängel auftreten.
Interessant ist, dass der BGH die Position aus früheren Entscheidungen aufgab, wonach die Eigentümergemeinschaft haftbar gemacht werden konnte, wenn Beschlüsse nicht korrekt umgesetzt wurden. Der Verwalter, nicht die Gemeinschaft, sei verpflichtet, Beschlüsse vollständig und fachgerecht auszuführen. Für Mängel oder Versäumnisse in der Ausführung haftet folglich der Verwalter – oder die von ihm beauftragten Unternehmen.
Was bedeutet das für Eigentümer?
Für Wohnungseigentümer bedeutet dieses Urteil, dass sie sich bei Problemen mit der Durchführung von Beschlüssen zunächst an den Verwalter wenden müssen. Sollte der Verwalter seine Aufgaben nicht erfüllen, kann der betroffene Eigentümer ihn rechtlich in die Pflicht nehmen, notfalls auch auf dem Klageweg. Wichtiger noch: Schäden, die durch Handwerker oder andere beauftragte Dritte verursacht werden, begründen keine Haftungsansprüche gegen die Gemeinschaft, sondern gegen die verantwortlichen Verursacher.
Relevanz nach der WEG-Reform 2020
Dieses Urteil stammt aus einer Zeit vor der umfassenden WEG-Reform, die im Jahr 2020 in Kraft trat. Die Reform brachte zahlreiche Änderungen mit sich, darunter eine Stärkung der Position des Verwalters. Seit der Reform hat der Verwalter noch weitreichendere Befugnisse und Entscheidungskompetenzen, was die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betrifft.
Die grundlegende Rechtsfrage der Haftung bleibt jedoch relevant: Auch nach der Reform ist der Verwalter der zentrale Akteur, wenn es um die Durchführung von Beschlüssen geht. Die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche tritt weiterhin nur eingeschränkt als haftender Akteur auf. Insbesondere bleibt die Möglichkeit der Haftung des Verwalters für Pflichtverletzungen bestehen.
Fazit und aktuelle Handlungsoptionen
Das Urteil V ZR 125/17 zeigt deutlich, dass Eigentümer gut beraten sind, ihre Ansprüche und Rechte gegenüber dem Verwalter konsequent durchzusetzen. Sollte der Verwalter seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, steht der Rechtsweg offen. Gerade nach der WEG-Reform 2020 können solche Fälle noch komplexer werden, weshalb es ratsam ist, sich frühzeitig rechtliche Unterstützung zu sichern.
Bei Fragen zur Umsetzung von Beschlüssen, zur Haftung des Verwalters oder zu den Neuerungen durch die WEG-Reform stehen wir Ihnen als Ihre erfahrene Kanzlei im Bereich WEG-Recht gerne zur Seite.
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Disclaimer: Das hier besprochene Urteil stammt aus der Zeit vor der WEG-Reform 2020. Bitte beachten Sie, dass wir an dieser Stelle keine Rechtsauskunft erteilen, wir möchten Sie mit diesem Urteil nur auf das aus unserer Sicht sehr interessante Urteil hinweisen. Wir helfen Ihnen gerne dabei, die aktuellen Entwicklungen zu verstehen.