§ 456a StPO – Strafvollstreckung bei Ausweisung oder Auslieferung: Was Mandanten wissen müssen
Die Vorschrift des § 456a der Strafprozessordnung (StPO) erlaubt in bestimmten Fällen das Absehen von der weiteren Strafvollstreckung – mit erheblicher praktischer Relevanz für Strafverteidiger, Mandanten und Ausländerbehörden gleichermaßen.
§ 456a StPO gibt den Vollstreckungsbehörden die Möglichkeit, von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung abzusehen, wenn:
der Verurteilte wegen einer anderen Tat ausgeliefert oder
an den Internationalen Strafgerichtshof überstellt oder
aus dem Bundesgebiet abgeschoben, zurückgeschoben oder zurückgewiesen wird.
Das Ziel: Ressourcen im Strafvollzug schonen und „Resozialisierungsmaßnahmen vermeiden, die wegen der Abschiebung bzw. Sprachbarieren erwartbar ohnehin ins Leere laufen“. Die Strafen werden in Sachsen in der Regel zur Hälfte in Deutschland vollstreckt, bevor die betroffene Person abgeschoben wird.
Die Vorschrift greift nicht automatisch, sondern setzt eine Ermessensentscheidung der Vollstreckungsbehörde voraus. Diese muss im Einzelfall eine Gesamtabwägung treffen, insbesondere:
Schwere der Tat und Schuld
Bereits verbüßte Haftdauer
Gefährlichkeit des Verurteilten
Interesse der Allgemeinheit an Strafvollzug
Vollstreckungslage im Heimatland
Rechtsschutzmöglichkeiten und Verteidigungsstrategien
Wird ein Antrag auf Absehen von der Vollstreckung abgelehnt, kann dies über das Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG angefochten werden. Auch ein auf § 456a Abs. 2 gestützter Haftbefehl ist dort überprüfbar, bei bevorstehender Abschiebung kann formloser Antrag an die Vollstreckungsbehörde auf Anwendung von § 456a gestellt werden.
§ 456a StPO ist ein wertvolles Verteidigungsinstrument für ausländische Mandanten, bei denen eine Rückkehr in den Strafvollzug wenig sinnvoll erscheint. Ein frühzeitiger Antrag kann Freiheitsentziehung beenden, Abschiebung erleichtern und gerichtliche Verfahren vermeiden.
Haben Sie konkrete Fragen?
Die Anwendung von § 456a StPO wirft in der Praxis oft komplexe rechtliche und taktische Fragen auf – insbesondere bei drohender Abschiebung oder Auslieferung. Wenn Sie unsicher sind, ob und wann ein Antrag Aussicht auf Erfolg hat, beraten wir Sie kompetent und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl.
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