§ 6 WiStG – Herausmodernisieren mit Bußgeldrisiko: Neue Waffe gegen Vermieterwillkür?
Seit dem 1. Januar 2019 existiert im modernisierten Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) mit § 6 ein kaum bekannter, aber durchaus brisanter Bußgeldtatbestand: Wer eine bauliche Veränderung in missbräuchlicher Weise durchführt – etwa um unliebsame Mieter „herauszumodernisieren“ –, dem drohen Bußgelder bis zu 100.000 Euro.
Was steckt hinter der Vorschrift? Wie greift sie in die Praxis von Mietrecht und Immobilienwirtschaft ein – und warum sollten Vermieter, Investoren, aber auch Mieter aufmerksam sein?
Gesetzlicher Hintergrund: Mieterschutz contra Modernisierungshebel
Die Vorschrift wurde durch das Mietrechtsanpassungsgesetz als Reaktion auf einen spürbaren Missstand eingeführt: sogenannte Luxusmodernisierungen, die nicht primär zur Verbesserung des Wohnraums dienen, sondern dazu, bestehende Mietverhältnisse zu beenden – mit dem Ziel der Weiterverwertung zu deutlich höheren Preisen. Das politisch aufgeladene Stichwort: Weg-Gentrifizierung. Ziel des Gesetzgebers war es, diesem Treiben mit einer „ordnungsrechtlichen Keule“ entgegenzutreten. § 6 WiStG ist insoweit Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB und verfolgt ein übergeordnetes wohnungspolitisches Ziel.
Der Tatbestand in der Praxis: Drei Elemente, viele Fallstricke
1. Bauliche Veränderung
Es muss eine tatsächliche Maßnahme vorliegen, die in den Wohnraum eingreift – nicht bloß eine Ankündigung. Auch vorbereitende Maßnahmen (z. B. Gerüstaufbau) können genügen.
2. Objektiv nicht notwendige Belastung
Nicht jede Baustelle ist schikanös – aber eine dauerhaft verhängte Fensterfront ohne Baubeginn oder lärmintensive Arbeiten in der Nacht sind es unter Umständen schon.
3. Subjektive Entmietungsabsicht
Der Vermieter muss mit der Maßnahme gezielt den Mieter zur Kündigung oder Aufhebung des Mietvertrags bringen wollen. Dieser Nachweis ist in der Praxis oft schwer – aber nicht unmöglich. Indizien können z. B. frühere Kündigungsversuche oder Aussagen gegenüber Dritten sein.
Wer haftet? Auch Hausverwaltungen und Berater im Visier
§ 6 WiStG ist kein Sonderdelikt – es reicht die Beteiligung an der Maßnahme. Daher können auch Hausverwaltungen, Architekten oder Rechtsanwälte ins Visier geraten, sofern sie aktiv an der Durchführung mitwirken. Die Vorschrift ist bußgeldbewehrt – bis zu 100.000 Euro pro Fall. Bei systematischem Herausmodernisieren in großen Wohnanlagen können sich die Folgen potenzieren. Auch eine Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG ist möglich, wenn der Verstoß im Rahmen der Unternehmensverantwortung erfolgt.
Einordnung in das Wirtschaftsverwaltungsstrafrecht
§ 6 WiStG steht exemplarisch für das moderne Wirtschaftsverwaltungsstrafrecht – also für das „rechtliche Zwischenfeld“ zwischen Zivilrecht, Verwaltungsrecht und Strafrecht, in dem wirtschaftlich-soziale Normen durch Ordnungswidrigkeiten abgesichert werden. Historisch wurzelt diese Art des Regelwerks in den Wirtschaftslenkungen der Weimarer Zeit und der Nachkriegsordnung. Heute dient es dem Schutz vor struktureller Machtverschiebung zulasten schwächerer Marktteilnehmer – im Fall des § 6 WiStG: zum Schutz des Mieters vor Übergriffen des Kapitals.
Für die Praxis: Klarer Rahmen, unklare Durchsetzung
Die Regelung ist gut gemeint, aber in ihrer Umsetzung aufwendig. Für Vermieter und Projektentwickler bedeutet das: Rechtsberatung einholen, bevor man in bewohntem Raum zu Umbau oder Modernisierung schreitet.
Für Mieter ist § 6 ein potenziell scharfes Schwert – allerdings oft stumpf, wenn Behörden nicht aktiv werden. Ein konsequenter zivilrechtlicher Eilrechtsschutz nach §§ 862, 1004 BGB bleibt essenziell
Ihre Kanzlei in Leipzig – spezialisiert, durchsetzungsstark, mandantennah.
Ob als Vermieter oder Projektentwickler, der rechtssicher modernisieren will, oder als Mieter, der sich gegen unzumutbare bauliche Maßnahmen wehren muss – ich unterstütze Sie mit fundierter anwaltlicher Erfahrung im Miet- und Wirtschaftsordnungsrecht. Setzen Sie auf Klarheit, Strategie und rechtliche Substanz.
Kontaktieren Sie mich hier – damit Ihr Recht nicht zur Verhandlungsmasse wird.