Landgericht Berlin zum Mieterwechsel in Wohngemeinschaften und Bedeutung für Leipzig
Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Oktober 2022 (Az.: 65 S 151/21) rückt den Anspruch auf Mieterwechsel in Wohngemeinschaften (WGs) in den Fokus, ein Thema, das vor allem in Großstädten wie Leipzig und Berlin hohe Relevanz besitzt. Die Entscheidung hat dort bereits auf Interesse gestoßen, da sie zeigt, unter welchen Umständen eine WG erfolgreich eine Zustimmung zum Mieterwechsel einklagen kann. Ein solcher Anspruch setzt nach (noch) herrschender Auffassung voraus, dass der Vermieter die temporäre Natur der Wohngemeinschaft beim Vertragsschluss kannte und stillschweigend akzeptierte.
Das Landgericht Berlin betonte, dass die Frage nach einem Mieterwechselanspruch stark vom individuellen Vertragsinhalt und den spezifischen Umständen des Einzelfalls abhängt. Im Berliner Fall lag eine eindeutige Konstellation vor: Der Vermieter war über den temporären Charakter des Zusammenlebens informiert, und die wiederholte Zustimmung zu früheren Mieterwechseln hatte den Anschein eines grundsätzlich positiven Einvernehmens geschaffen. Die Wohngemeinschaft konnte diesen Sachverhalt mittels einer Zeugenaussage des (ehemaligen?) Gesellschafters der Vermieterin beweisen. Die dann unterstellte konkludente Abrede und die mehrfachen Nachträge bestätigten für das Landgericht Berlin, dass beide Seiten stillschweigend davon ausgingen, und damit dass eine Veränderung der Mieterstruktur auch in Zukunft möglich sein sollte.
Unterschied zur Entscheidung des LG Leipzig und zur Literatur
Im Leipziger Fall, der im Frühjahr 2023 verhandelt wurde (Az.: 02 S 111/22), vertrat das LG Leipzig eine eher konservative Auslegung des Mietrechts und erkannte einen Mieterwechselanspruch nur dann an, wenn eine ausdrückliche vertragliche Regelung vorliegt. Hierbei hat es die vorherige Entscheidung des Amtsgerichts Leipzig, den Mieterwechsel zu gestatten aufgehoben( Az.: 169 C 5218/219). Die mehrfachen früheren Zustimmungen des Vermieters zum Wechsel einzelner Mieter sah das Leipziger Gericht als kulante Einzelfallentscheidungen, nicht jedoch als Ausdruck einer stillschweigenden Vereinbarung für eine dauerhafte Austauschmöglichkeit. Auch fehlende schriftliche Nachweise über die temporäre Nutzung der Wohnung als WG spielten eine Rolle in der negativen Entscheidungsfindung.
Diese restriktive Haltung wurde in der Literatur kritisch gesehen. Autoren wie Dr. Beate Flatow argumentieren, dass WGs mit nicht verwandten und nicht partnerschaftlich verbundenen Mitgliedern eine Lebensform darstellen, die häufig auf temporären Wohnbedarf angelegt ist. Die Literatur tendiert zunehmend dazu, die Interessen solcher Mietergruppen stärker zu gewichten und die konkludente Akzeptanz eines Mieterwechsels durch den Vermieter anzunehmen, wenn dieser beim Vertragsabschluss über die Nutzung als WG informiert war. Flatow weist u.A. darauf hin, dass in solchen Fällen eine Praxis besteht, die die temporäre Lebenssituation der Bewohner respektiert und aufzeigt, dass eine starre Bindung aller Vertragsparteien für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses den Interessen der WGs oft nicht gerecht wird.
Zusätzliche Begründungsaspekte nach Flatow: Der Einzelfall im Fokus
In ihrem Aufsatz (NZM 2022, 600) unterstreicht Flatow, dass die Frage eines Mieterwechselanspruchs insbesondere bei Studierenden-WGs oder bei jungen Menschen, die aus beruflichen oder schulischen Gründen nur vorübergehend an einem Ort wohnen, in der Regel bejaht werden kann, wenn der Vermieter diese Umstände bei Vertragsabschluss kannte. Der Bundesgerichtshof hat in ähnlichen Fällen bereits betont, dass der Vertragsabschluss ohne ausdrücklichen Vorbehalt seitens des Vermieters als stillschweigendes Einverständnis zum Mieterwechsel gedeutet werden kann, sofern die Umstände einen temporären Wechsel nahelegen. Flatow hebt dabei hervor, dass es nicht zwingend einer schriftlichen Vereinbarung bedarf, solange klar ist, dass der Mietvertrag mit einer WG abgeschlossen wurde und der Vermieter die Besonderheiten einer solchen Wohnform bewusst hinnahm.
Das Urteil des LG Berlin, das zur Zeit der Leipziger Entscheidung noch nicht veröffentlicht war, greift diese Sichtweise auf. Es bestätigt, dass bereits eine wiederholte, vorbehaltlose Zustimmung zu Mieterwechseln ein starker Hinweis darauf sein kann, dass der Vermieter den Wechsel als Option für die Zukunft stillschweigend akzeptiert hat. Die Entscheidung zeigt damit, dass die Lebensumstände der WG-Mitglieder, wie Studium oder befristete berufliche Aufenthalte, und die frühere Praxis bei Kenntnis des Vermieter bei Vertragsschluss die Grundlage für ein Austauschrecht schaffen können.
Beratung bei Mieterwechsel in WGs
Die positive Entwicklung in der juristischen Literatur und das Urteil des LG Berlin verdeutlichen, dass in vergleichbaren Fällen Aussicht auf Erfolg bestehen können – besonders dann, wenn Belege dafür vorliegen, dass der Vermieter über die temporäre Nutzung der Wohnung informiert war. Sollten Sie Fragen zu einem geplanten Mieterwechsel oder zur rechtlichen Absicherung der Vertragsbedingungen haben, stehen wir Ihnen mit einer umfassenden Beratung zur Seite. Gemeinsam prüfen wir die Erfolgsaussichten und unterstützen Sie in Ihrem konkreten Einzelfall.
Hinweis: Diese Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Orientierung und ersetzen keine rechtliche Beratung im Einzelfall.
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