Das Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil (BGH Urteil vom 24.11.2021 – VIII ZR 258/19) eine wichtige Entscheidung hinsichtlich der Mietminderung bei erhöhtem Baulärm vom Nachbargrundstück getroffen und damit seine jüngere Rechtsprechung zu dem Thema Baulärm bestätigt. In dem Urteil ging es darum, ob Mieter berechtigt sind, die Miete zu mindern, wenn Lärm- und Schmutzimmissionen von einer Baustelle auf einem benachbarten Grundstück die Wohnqualität beeinträchtigen.
Hintergrund: Baulärm als Mietmangel?
In Mietverhältnissen kann es vorkommen, dass Bauprojekte in der Nachbarschaft erheblichen Lärm und Schmutz verursachen. Dies kann die Lebensqualität der Mieter erheblich beeinträchtigen. Die Frage, ob solche Immissionen einen Mietmangel darstellen und daher zu einer Mietminderung berechtigen, beschäftigt oft Mieter und Vermieter gleichermaßen. Das BGH-Urteil vom 24.11.2021 wie auch das Urteil vom 20.04.2020 (Az.: VIII ZR 31/18) bietet nun eine klare rechtliche aktuelle Position zu diesem Thema.
Die Kernpunkte der Urteile
In den genannten Urteilen bestätigte der BGH, dass erhöhter Baulärm und Schmutz von einer Baustelle auf einem benachbarten Grundstück grundsätzlich keinen Mangel der Mietwohnung darstellen, wenn der Vermieter diese Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten hinnehmen muss. Dies beruht auf einer ergänzenden Vertragsauslegung und berücksichtigt die Ausstrahlungswirkung des § 906 BGB, der das Nachbarrecht regelt. Damit wird verdeutlicht, dass Mieter bei Fehlen konkreter Absprachen und bei Immissionen, die von Dritten, wie einem Nachbarn, verursacht werden, nicht automatisch berechtigt sind, die Miete zu mindern.
Stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung und Mietminderung
Ein interessanter Aspekt des Urteils ist die Feststellung, dass die Freiheit einer Wohnung von Baulärm nicht stillschweigend Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung zwischen den Mietvertragsparteien ist. Die bloße Tatsache, dass in städtischen Gebieten Bauprojekte häufig sind, rechtfertigt nicht die Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung zur Freiheit von Baulärm. Solche Vereinbarungen erfordern vielmehr eine eindeutige Willenserklärung beider Parteien.
Fehlen konkreter Absprachen: Einblick in die Rechtsprechung
Wenn im Mietvertrag keine ausdrücklichen Absprachen zur Beschaffenheit der Wohnung getroffen wurden, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand nach den Grundsätzen von Treu und Glauben und der Verkehrsanschauung bestimmt. Dabei werden auch Umstände berücksichtigt, die von außen auf die Mietsache einwirken. Bei fehlenden Vereinbarungen kann der Mieter daher nicht automatisch erwarten, dass der Vermieter für den unveränderten Fortbestand von Umweltauswirkungen, auf die er keinen Einfluss hat, haftet.
Die Rolle des § 906 BGB
Ein entscheidender Aspekt des Urteils ist die Anwendung des § 906 BGB im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung. Dies bedeutet, dass der Vermieter im Allgemeinen nicht einseitig das Risiko von Veränderungen der Immissionssituation übernehmen muss. Dies ist nur in besonderen Ausnahmefällen und bei konkreten Anhaltspunkten für eine umfassende Haftungsbereitschaft des Vermieters der Fall.
Fazit: Mietminderung bei Baulärm
Das BGH-Urteil vom 24.11.2021 bringt Klarheit hinsichtlich der Frage, ob erhöhter Baulärm und Schmutz von einer Baustelle auf einem Nachbargrundstück einen Mietmangel darstellen und zu einer Mietminderung berechtigen. Mieter können nicht automatisch davon ausgehen, dass der Vermieter für solche Immissionen haftet, es sei denn, es liegen besondere vertragliche Absprachen oder eine eindeutige Willenserklärung zur Beschaffenheit der Wohnung vor. Die Anwendung von § 906 BGB im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung verdeutlicht die Bedeutung des Umweltauswirkungenregelnden Nachbarrechts in solchen Fällen.
Mieter und Vermieter sollten sich daher bewusst sein, dass die bloße Existenz von Bauprojekten in städtischen Gebieten nicht zwangsläufig eine Mietminderung rechtfertigt. Vielmehr müssen solche Fälle auf ihre individuellen Umstände hin geprüft werden, und es ist ratsam, klare vertragliche Regelungen hinsichtlich der Beschaffenheit der Mietwohnung zu treffen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Dieses Urteil des BGH bietet wichtige Klarstellungen und sollte bei Mietverhältnissen mit Baulärm im Hinterkopf behalten werden. Es ist ratsam, bei konkreten Fragen und Problemen im Einzelfall rechtlichen Rat einzuholen, da Mietrecht komplex sein kann und die Anwendung auf individuelle Umstände variiert. Wir beraten Sie gerne.