Verfahren nach „Tag X“ in Leipzig eingestellt – Grundrechtsfragen bleiben offen
Leipzig, 22. Januar 2025 – Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat das Ermittlungsverfahren gegen unseren Mandanten im Zusammenhang mit den Ereignissen des sogenannten „Tag X“ am 3. Juni 2023 eingestellt. Unser Mandant, der an diesem Tag über fünf Stunden im Polizeikessel am Alexis-Schumann-Platz festgehalten wurde, wurde kein Fehlverhalten bei dem Ausüben seines Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nachgewiesen. Der Vorwurf eines schweren Fall des Landfriedensbruchs konnte nach Auswertung der etlichen Videobilder und sonstigen Beweismittel nicht aufrechterhalten werden. Die Einstellung des Verfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO ist damit die konsequente Beendigung des Verfahrens, das schon nicht hätte eingeleitet werden dürfen.
Einschränkung der Grundrechte und faktisches Demonstrationsverbot
Am 3. Juni 2023 wurden die Grundrechte zahlreicher Bürgerinnen massiv eingeschränkt. Durch eine Allgemeinverfügung der Stadt Leipzig war die Versammlungsfreiheit an diesem Tag faktisch aufgehoben. Die wenigen genehmigten Versammlungen, darunter auch die am Alexis-Schumann-Platz, standen unter massivem polizeilichem Druck.
Der Polizeieinsatz führte zur Einkesselung von etwa 1.300 Menschen, darunter auch Minderjährige, über mehrere Stunden. Die große Anzahl der Betroffene hatten keinen Zugang zu Toiletten oder eine ausreichender Versorgung mit Wasser. Die vor Ort tätigen Sanitäter rügten das Verhalten der Polizei. Diese Maßnahmen wurden von den Behörden mit Verweisen auf frühere Ereignisse wie die Proteste beim G8-Gipfel in Hamburg gerechtfertigt, doch diese Vergleiche tragen weder faktisch noch juristisch. Letztlich erwies sich der massive Einsatz als unverhältnismäßig, wie die Einstellung auch dieses Verfahrens zeigt.
Trotz der Einstellung des Verfahrens gegen unseren Mandanten bleibt die grundsätzliche Frage nach der Verhältnismäßigkeit der am „Tag X“ ergriffenen Maßnahmen bestehen. Die Gleichsetzung friedlicher Proteste mit potenziell gewalttätigen Ausschreitungen hat in diesem Fall zu weitreichenden Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, Verletzungen und großen Unmut geführt.
Der Schutz von Grundrechten darf nicht durch pauschale Maßnahmen ausgehöhlt werden. Die gezogene Parallele zu internationalen Großereignissen wie dem G8-Gipfel rechtfertigt weder die temporäre Außerkraftsetzung fundamentaler Rechte noch den repressiven Charakter des Einsatzes in Leipzig.