Mietpreisüberhöhung und Mietwucher – Zivil- und Strafrechtliche Perspektiven
Mietpreisüberhöhungen und Wucher im Mietrecht sind nicht nur zivilrechtlich relevant, sondern können unter bestimmten Umständen auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Dieser Artikel beleuchtet die zivil- und strafrechtlichen Aspekte im Kontext von Mietpreisbegrenzungen und verdeutlicht, welche Rechte Mieter
in solchen Fällen haben. Zudem werden wichtige Gerichtsurteile sowie die relevanten Vorschriften wie §§ 556d, 812 und 291 StGB, die Hamburger Mietpreisbegrenzungsverordnung und die Sächsische Mietpreisbegrenzungsverordnung näher erläutert.
Mieter können unter bestimmten Umständen überhöhte Mieten zivilrechtlich zurückfordern, z.B. wenn diese die ortsübliche Vergleichsmiete wesentlich übersteigen. Seit Einführung der Mietpreisbremse durch § 556d BGB darf die Miete bei Neuvermietung die ortsübliche Vergleichsmiete in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt höchstens um 10 % übersteigen. Die Sächsische Mietpreisbegrenzungsverordnung hat beispielsweise festgelegt, dass diese Mietpreisbremse auch in Leipzig gilt.
Mietwucher und Sittenwidrigkeit: § 138 BGB und das Wucherverbot, § 5 WiStG
Die zivilrechtliche Grundlage für Mieter , die überhöhte Mietzahlungen zurückzufordern, ist § 812 BGB, der ungerechtfertigte Bereicherungen regelt. Ein zivilrechtlicher Rückforderungsanspruch besteht somit, wenn die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 % übersteigt. Doch auch strafrechtlich kann Mietwucher relevant werden, etwa wenn eine erhebliche Notlage oder Unerfahrenheit der Mietenden ausgenutzt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluß vom 13.07.1998 – 1 Ws 236/98).
Durch die gesetzlich festgelegte Mietpreisbremse dürfen Vermieter
bei Neuvermietungen die ortsübliche Vergleichsmiete in bestimmten Regionen maximal um 10 % übersteigen. Leipzig gehört zu diesen Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt, wie die Sächsische Mietpreisbegrenzungsverordnung bestätigt. Überschreitet die Miete die Vergleichsmiete jedoch um mehr als 20 %, liegt ein Verstoß gegen § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) vor, der nicht nur zivilrechtliche, sondern auch strafrechtliche Folgen haben kann.
Für Mieter bietet sich daher die Möglichkeit, bei überhöhten Mietzahlungen rückwirkend Gelder zurückzufordern. Laut § 812 BGB sind ungerechtfertigt erlangte Beträge zurückzuzahlen, und der Anspruch kann durch Vorlage des Mietvertrags und des aktuellen Mietspiegels begründet werden. Eine vom AG Hamburg entschiedene Klage (AG Hamburg-St. Georg – Az.: 926 C 248/22). zeigt, dass die Rückforderung nicht nur erfolgreich sein kann, sondern der Mieter auch Verzugszinsen auf die überzahlten Beträge einfordern darf, wenn der Vermieter auf die erste Rückforderungsaufforderung nicht reagiert hat.
Der Bundesgerichtshof hat dabei in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass der Vertrag nicht automatisch gesamtnichtig ist, sondern häufig nur die überhöhte Preisvereinbarung als nichtig anzusehen ist, wenn dadurch das angestrebte Mietverhältnis bewahrt werden kann. Die „geltungserhaltende Reduktion“ ist hierbei ein zentrales Prinzip, das bedeutet, dass lediglich der überhöhte Mietanteil auf die zulässige Vergleichsmiete herabgesetzt wird.
Strafrechtliche Aspekte: Mietwucher nach § 291 StGB
Mietwucher kann auch strafrechtlich relevant sein. § 291 StGB stellt Mietwucher unter Strafe, wenn Vermieter eine Notlage der Mieter ausnutzen und eine unangemessen hohe Miete verlangen. Der strafrechtliche Tatbestand erfordert dabei zwei wesentliche Elemente:
Ausnutzung einer Notlage: Es muss festgestellt werden, dass die Vermieter die schwierige Lage der Mieter bewusst ausgenutzt haben. Die Rechtsprechung betont die Relevanz der Nachweisbarkeit der Notlage, da dies den Wuchervorwurf erst ermöglicht. Dabei reicht es jedoch nicht aus, dass die Miete einfach hoch ist; die bewusste Ausnutzung der Notlage ist entscheidend.
Unangemessenes Äquivalenzverhältnis: Eine Miete gilt als unangemessen, wenn sie die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 % übersteigt. Das Gesetz sieht bei einem derart krassen Missverhältnis eine erhebliche Missachtung sozialer Schutzvorschriften, die das Mietrecht und den Markt regulieren. Bei der Anwendung von § 291 StGB gilt jedoch, dass die Höhe allein nicht automatisch zur Strafbarkeit führt. Es muss vielmehr eine unrechtmäßige Absicht zur Ausnutzung der Situation des Mieters gegeben sein.
Rückforderung und Verjährung
Für die Durchsetzung zivilrechtlicher Rückforderungsansprüche ist es entscheidend, die Verjährungsfrist zu beachten, die für Mietüberzahlungen in der Regel vier Jahre beträgt. Dies bedeutet, dass betroffene Mietende ggf. auch rückwirkend zu viel gezahlte Mieten einfordern können. Ein rechtzeitig angestoßener Rückforderungsanspruch schützt vor Verjährung und verhindert, dass unberechtigte Mietpreisüberhöhungen endgültig vereinnahmt werden.
Gesamtnichtigkeit oder „geltungserhaltende Reduktion“
Nicht jeder Verstoß gegen Mietpreisregelungen führt zur Gesamtnichtigkeit eines Mietvertrags. Häufig ist nur die überhöhte Mietpreisvereinbarung als nichtig anzusehen, um das Mietverhältnis als solches zu bewahren. Die „geltungserhaltende Reduktion“ ermöglicht es in der Praxis, einen überhöhten Teil der Miete auf eine zulässige Vergleichsmiete herabzusetzen. Ein vollständiger Vertragsverlust wäre weder wirtschaftlich noch praktisch für die Mietenden und ihre Wohnsicherheit sinnvoll und ist daher in der Praxis die Ausnahme.
Handlungsmöglichkeiten und Unterstützung für Mieter
Wer den Verdacht hat, überhöhte Mieten zu zahlen oder gar Opfer von Mietwucher zu sein, sollte seine Mietverträge und Abrechnungen sorgfältig überprüfen lassen. In Gebieten mit angespannter Wohnsituation wie in Leipzig und gesetzlichen Mietpreisbegrenzungen kann es möglich sein überzahlte Beträge zurückzufordern. Mietwucher kann dabei nicht nur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich relevant werden und erhebliche Konsequenzen für Vermieter haben.
Die aktuelle Rechtslage bietet Mietenden zahlreiche Ansätze, sich gegen Mietwucher und überhöhte Mietforderungen zur Wehr zu setzen. Die Einhaltung sozialer Schutzvorschriften und der Grundsatz der Fairness auf dem Mietmarkt sind das klare Signal der Gesetzgebung und der Rechtsprechung.
Disclaimer: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenden Sie sich bei individuellen Fragen gerne an uns. Eine Haftung für die Vollständigkeit und Richtigkeit des Artikels wird ausgeschlossen.