Nachträgliche Mietzahlungen: Chancen für Mieter bei ordentlichen Kündigungen
Im Mietrecht stehen Vermieter und Mieter oft vor komplexen rechtlichen Fragen, insbesondere wenn es um Kündigungen aufgrund von Zahlungsverzug geht. Eine wegweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart aus dem Jahr 1991 (OLG Stuttgart, 11.06.1991 – 8 RE-Miet 1/91) wirft Licht auf die Rechtslage und verdeutlicht die Bedeutung einer differenzierten Betrachtung der Sachverhalte.
In dem besagten Fall hatte der Vermieter dem Mieter sowohl fristlos als auch ordentlich gekündigt, nachdem dieser mit seinen Mietzahlungen in Verzug geraten war. Überraschenderweise beglich der Mieter jedoch die ausstehenden Beträge nach Erhalt der Kündigung. Trotz dieser Zahlung erhob der Vermieter eine Räumungsklage.
Die entscheidende Frage, die das Gericht beschäftigte, war, ob die nachträgliche Zahlung des Mieters die ordentliche Kündigung unwirksam machen kann. Die Debatte konzentrierte sich auf die Interpretation einschlägiger Gesetze, insbesondere des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), sowie auf die Unterschiede zwischen fristloser und ordentlicher Kündigung im Mietrecht.
Die Gerichtsentscheidung stützte sich auf verschiedene Rechtsgrundlagen, darunter § 564b BGB a.F., der die ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs regelte, sowie § 554 BGB a.F., der die fristlose Kündigung behandelt. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Heilungswirkung einer nachträglichen Zahlung im Rahmen einer fristlosen Kündigung nicht automatisch auf ordentliche Kündigungen übertragen werden kann.
Entscheidend war die Feststellung, dass die Voraussetzungen und Folgen der beiden Kündigungsarten unterschiedlich sind. Während eine fristlose Kündigung oft bei einem bloßen Zahlungsverzug greift und eine Heilung durch nachträgliche Zahlung ermöglicht, erfordert eine ordentliche Kündigung eine schuldhafte Vertragsverletzung von erheblicher Bedeutung. Das Gericht betonte jedoch, dass die nachträgliche Zahlung des Mieters bei der Bewertung der Schwere der Vertragsverletzung und der Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter berücksichtigt werden kann. Demnach kommt es im Einzelfall darauf an, ob der geltend gemachte Zahlungsverzug zur Kündigung berechtigt. Insbesondere bei Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mieter über rechtmäßig und richtig abgerechnete Betriebskosten wird das Mittel der Ordentlichen Kündigung verwendet, ohne dass dies in allen Fällen rechtmäßig ist.
Diese Entscheidung verdeutlicht die Notwendigkeit einer individuellen Prüfung jedes Falls und einer differenzierten Betrachtung der jeweiligen Umstände. Sie zeigt auch, dass trotz klarer rechtlicher Rahmenbedingungen eine gewisse Flexibilität erforderlich ist, um eine gerechte Lösung im Sinne beider Parteien zu finden.
Insgesamt unterstreicht diese Entscheidung die Komplexität des Mietrechts und die Bedeutung einer fundierten rechtlichen Beratung für Vermieter und Mieter gleichermaßen. Gerne stehen wir Ihnen bei Fragen zur ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzug zur Verfügung.